Reden wir übers Wetter. Das geht immer, auch im Zululand. Und es gibt ja auch einiges zu erzählen, denn von glühender Hitze bis hin zu nass-kaltem Mistwetter haben wir in Südafrika schon alles erlebt. Wenn die Sonne scheint, ist es ziemlich angenehm, zwischen 25 und 30 Grad bei trockener Luft. Aber sobald Wolken am Himmel auftauchen, fällt das Thermometer auf 10 Grad, nachts sogar noch tiefer. Das ist knackig kalt, wenn man bedenkt, dass nirgends – weder zuhause noch im Kinderheim – Heizungen in den Häusern stehen. Wir sind froh, dass uns viele gewarnt haben, dicke Pullover mitzunehmen, mehrfach bekamen wir den Satz zu hören: „Ich habe nie so gefroren wie in Südafrika.“ Man rechnet einfach nicht mit Kälte, wenn man hierher kommt. Und es stimmt ja auch, die meiste Zeit jedenfalls. „You cannot believe how hot it will be in the summer“, sagt Sister Petronella, die gut gelaunte Köchin in Mbongolwane: „Lizoshisa kakhulu. Very hot, very hot!“ In den nächsten Monaten werden Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Zululand kontinuierlich steigen. Schon verrückt: Wenn in Deutschland die Weihnachtsmärkte aufmachen, herrscht hier absoluter Hochsommer und Regenzeit. Wobei: Mit dem Regen, da stimmt was ganz und gar nicht.
Die saisonalen Wettergesetze im Zululand sind (wie an so manchem Ort auf der Welt) ins Chaos geraten. Klimawandel ist hier nicht nur ein Wort, sondern pure Realität. Jetzt, im Winter, sollte es eigentlich so gut wie nie regnen. In Wahrheit hat es tagelang geregnet, zum ersten Mal seit sehr langer Zeit. Die Menschen in Eshowe und Mbongolwane begrüßen das kühle Nass fast schon euphorisch, was verständlich ist, wenn man weiß, was sie hinter sich haben. Die letzten beiden rainy seasons von Oktober bis Januar sind mehr oder weniger ausgefallen, es hat praktisch seit eineinhalb Jahren nicht richtig geregnet. KwaZulu-Natal leidet unter der schlimmsten drought (=Dürre) seit Jahrzehnten. Die Pegel der Staudämme fallen auf kritisches Niveau. Die Ernten sind so schlecht wie seit Ewigkeiten nicht mehr. Allein die Zuckerrohrindustrie hat Schäden von mehr als 1,3 Mio. Euro erlitten, 37.000 Jobs im Zululand sind alleine in dieser Saison bedroht. Für viele geht’s ums Eingemachte, und sie sprechen vom Regen wie von einem guten Freund, den man lange nicht zu Gesicht bekommen hat. Vom ersten Tag an haben wir gemerkt, dass wir an den Themen drought und rainfall nicht vorbeikommen, egal, mit wem wir sprechen.
Ob Zuckerrohrarbeiter, Orangenfarmer, Kindergartenkind oder Greenkeeper auf dem Golfplatz – alle führen, zumindest verbal, moderne Regentänze auf. Politiker stellen sich vor die Kameras und äußern sich zum Thema („We need more rain, the drought is not broken yet“), und in den Kirchen im Zululand beten die Menschen gemeinsam für noch mehr Regen. Die Auswirkungen der Trockenheit spürt man auch am eigenen Leib: Fast alle Gemeinden verhängen water restrictions, die Zeitungen sind voll mit Anleitungen, wie man den privaten Verbrauch einschränken kann. Hier in Eshowe wurde zuletzt von acht Uhr morgens bis vier Uhr nachmittags und dann wieder ab acht Uhr abends bis vier Uhr nachts das Wasser abgestellt, wenn man nicht (wie wir) das Glück hat, ein privates waterhole benutzen zu dürfen. Da fragt man sich schon, warum es bei all der Trockenheit immer noch so grün ist. Ein Farmer hat es uns kürzlich erklärt: Man spricht von einer green drought. Die Pflanzen bekommen gerade noch genügend Wasser, um nicht abzusterben. Aber sie schaffen es nicht mehr, zu wachsen – oder Früchte zu produzieren.
Endlich Regen also, yeah! Wir freuen uns mit den Leuten, hoffen auf Fortsetzung und verschwinden unter der warmen Wolldecke. Lean nutzt die Gelegenheit für ausgiebige Matschbäder im Garten („Bitte darf ich in die Pfützen springen?“), aber es gibt auch unangenehme Nebenwirkungen. Autofahrten durch sintflutartige Güsse und Nebelwände zum Beispiel, besonders die Schotterpisten sind dann kein Zuckerschlecken. Und Ausflüge sind momentan auch nicht so lekker. Wir sagen es ganz leise: Es darf auch gern mal wieder die Sonne scheinen. Ist ja schließlich unser zweiter Winter hintereinander.
Fotos: fuexxe/Robert Allen