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Während in Deutschland Hitzerekorde gebrochen werden, herrscht bei uns in KwaZulu-Natal tiefster Winter. Im Juli, dem kältesten Monat des Jahres, beginnt die Zeit der brennenden Zuckerrohr-Felder. Was aussieht wie verheerende Waldbrände, ist in Wahrheit die ganz normale Ernte: 90 Prozent der Felder in der Gegend werden früher oder später abgefackelt, um möglichst schnell die unnützen Teile der Pflanze loszuwerden und die süßen Stiele besser schneiden zu können. Egal, wo man in diesen Tagen unterwegs ist: Überall hängen riesige, graue Rauchschwaden über der Landschaft, man fühlt sich wie bei einem Vulkanausbruch. Beim ersten Mal haben wir Europäer-Greenhorns doch tatsächlich überlegt, ob man jemanden benachrichtigen muss, inzwischen haben wir uns an den Anblick gewöhnt. Und an die Nebenwirkungen. Überall wird verbrannte Erde hinterlassen, und morgens beim Joggen riecht es nach kaltem Rauch, als ob jemand einen riesigen Heuballen auf den Grill gelegt hätte.

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Das Zululand und die Brandstifter

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Die Nachbarn leben nah am Zuckerrohr

Das ganze Spektakel kann ganz schön furchteinflößend sein, wenn es hundert Meter vor der eigenen Haustür stattfindet. Erst recht, wenn man die extreme Trockenheit bedenkt, die KwaZulu-Natal seit Monaten plagt – da kann ein Funke einen Flächenbrand auslösen. Umso beeindruckender, wie die Farmer die flammenden Infernos im Zaum halten und verhindern, dass ganze Landstriche (und die Häuser daneben!) abbrennen. Nicht nur Lean, sondern auch seine Eltern standen kürzlich ziemlich lange mit offenem Mund da, als vor unseren Augen ein komplettes Feld abgefackelt wurde – nur wenige Meter von einem der Nachbarhäuser entfernt. So ein riesiges Feuer ist eine ungezügelte Urgewalt, die einem ziemlich plastisch klar macht, was für ein Staubkorn im Universum man selbst doch ist. Gleichzeitig haben wir die einheimischen Arbeiter gesehen, die wenige Meter vor der  Feuerwand ihr Leben aufs Spiel setzen. Für mitteleuropäische, haftpflicht- und berufsunfähigkeitsversicherte Augen ist das schon ganz schön krass.

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Wirtschaftsmotor und Arbeitgeber: Zuckerrohr

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Zuckerstangen, vor dem Brand

Aber: umoba (Zulu für Zuckerrohr) ist einer der ganz wenigen Wirtschaftsmotoren, den die Gegend um Eshowe und Mbongolwane hat. Entlang der Route 66 durchs Zululand steht ein grün-gelbes Feld neben dem anderen – Zuckerrohr, soweit das Auge reicht. Viele Männer am Straßenrand kauen die süßen Rohre, und oft bildet cane cutting die einzige Grundlage, um ganze Familien zu ernähren. Die großen Farmen sind meist in weißer Hand, und die gesetzlich festgelegten Mindestlöhne für Farmarbeiter (ca. 185 Dollar pro Monat) werden längst nicht überall bezahlt. Aber schätzungsweise eine Mio. Menschen in Südafrika sind von der Zuckerrohr-Industrie abhängig, für viele ist die Arbeit überlebenswichtig. Ganz besonders in KwaZulu-Natal, dem Zentrum der Industrie. In Mbongolwane bettelten kürzlich Nachbarn der Missionsstation darum, das sugar cane field der Nonnen abzubrennen, um etwas Geld verdienen zu können. Die Schwestern lehnten ab, weil die Pflanzen noch nicht reif waren. Kurz darauf brannte das Feld trotzdem.

Fotos: fuexxe/Gavin Fordham

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