Grillen ist in Südafrika sowas ähnliches wie eine Religion. Ein paar Stunden, nachdem wir in unser Haus eingezogen waren, bekamen wir von Nachbarn die erste Einladung zum Braai – und seitdem haben wir viele Abende mit einem kulturellen Ereignis verbracht, das weit über Grillen hinausgeht, wie wir es kennen. Hier kommen zehn ultimative Braai-Regeln für deutsche Greenhorns.
- Don’t cancel!
- Have fun!
- Bring something!
- It’s all about meat!
- Say “Lekker”!
- Take your time!
- Don’t talk politics and education!
- It’s a men’s business!
- Don’t eat first!
- Know when to leave!
Das Wort „Braai“ ist Afrikaans und heißt übersetzt „braten“. Inzwischen hat es sich bei allen ethnischen Gruppen in Südafrika durchgesetzt, schwarz und weiß grillt sich in diesem Land ´nen Wolf. Zwar geht es beim Braai auch ums Essen, vor allem aber handelt es sich um ein soziales Event, an dem viele Freunde und Bekannte teilnehmen. Regel Nr. 1 mussten wir erstmal lernen: Don’t cancel! Wenn keine schwerwiegenden medizinischen Gründe vorliegen, ist Absagen streng verboten. Da ist es noch besser, den Mund zu halten und einfach nicht aufzutauchen. Oder sich ganz einfach am Riemen reißen und Regel Nr. 2 folgen: Have fun! Das Ganze ist nämlich meistens ein Riesenspaß. Man kann so gut wie überall seinen Braai aufstellen, im Garten, neben der Autobahn, auf dem Sportplatz oder am Strand – und zwar bei jedem Wetter. Es herrscht ein ständiges Kommen und Gehen von Leuten mit Kühltaschen, eingelegten Lammkeulen und Sixpacks Bier. Damit sind wir auch schon bei Regel Nr. 3: Bring something! Mindestens ein paar Getränke, eigentlich aber auch das eigene Fleisch. Außer, man wird von einem Metzger eingeladen.
Lekker Braai!
Der erwähnte Nachbar, ein Bure, besitzt nämlich eine Metzgerei in Eshowe. Er sitzt also an der Quelle, und deshalb heizt er so ziemlich jeden Tag seine Kohlen an („We braai every day, it’s healthy!“). Die Liste an Gelegenheiten ist unendlich: Mittwochabend-Braai, Geburtstags-Braai, Heute-scheint-die-Sonne-Braai, Umzugs-Braai, Freunde-laufen-grade-vorbei-Braai, Urlaubs-Braai und so weiter. Auf dem Grill landen Rinderfilet und Lammkeule, Schweinebauch und T-Bone-Steak, Boerewors und Chakalaka-Brummer. Regel Nr. 4: It’s all about meat! Zulus und Buren lieben Fleisch, und zum Braai werden riesige Berge davon angekarrt. Außerdem hat jeder sein geheimes Braai-Gewürz dabei, und die Würste sind mit Pfeffer, Koriander, Nelken oder Muskatnuss versetzt. Regel Nr. 5: Say „Lekker“! Ein Wort, das von weißen Südafrikanern für alles und jeden in allen erdenklichen Situationen verwendet wird. Die Gelegenheit dazu hat man immer, denn bis zum Essen muss man gut und gerne ein paar Stunden ausharren und Bier, Wein oder Whiskymixgetränke runterkippen. Regel Nr. 6 ist sehr wichtig und lautet: Take your time! Wer essen will, muss sich Zeit nehmen. Zum Beispiel für Gesprächsthemen von A wie Autos bis Z wie Zuckerrohr, in unserem Fall auch gerne mal B wie BMW und O wie Oktoberfest. Führt uns gleich zu Nr. 7: Don’t talk politics and education! Bei steigendem Alkoholpegel und als Neuling in einem fremden Land haben wir gelernt, die Finger davon zu lassen.
Polnischer Abgang
Gut, dass wir auch unseren Ruf als „crazy Germans“ längst gefestigt haben, denn es gibt noch eine Menge weiterer Regeln, die wir als unwissende Wilde mit Karacho gebrochen haben. Nr. 8 lautet: It‘s a men’s business! Frauen haben am Grill nichts verloren und dürfen höchstens mit Spinat gefüllten Kürbis und Salat beisteuern. Die Gesellschaft teilt sich ziemlich schnell in Männlein und Weiblein auf. Leider tun wir uns mit geschlechterspezifischer Gruppenbildung schwer, und Julia hat sich gleich zu Beginn fachmännisch am Grill platziert. Vorsicht auch vor Nr. 9: Don’t eat first! Die Gründe haben wir noch nicht durchschaut, aber Tatsache ist: Wir waren immer die ersten mit der Gabel im Mund, obwohl das fertige Buffet mit gegrillten Leckereien längst bereitstand und mehrmals erklärt wurde, dass nun wirklich alles fertig sei. Seltsam: Der Gastgeber aß bisher fast nie etwas, während die Zurückhaltung beim Trinken deutlich geringer war. Indirekt hat das auch mit Regel Nr. 10 zu tun: Know when to leave! Bei den ersten Braai-Abenden waren wir stets die letzten Gäste – weil alle anderen plötzlich und unvermittelt weg waren. Gefühlt gab es nur polnische Abgänge. Ist aber auch nötig, denn ein südafrikanischer Gastgeber würde einen nie darauf hinweisen, dass er müde ist und der Abend zu Ende geht. So direkt sind nur die Deutschen. Deshalb jetzt: Ab ins Bett! Beim nächsten Mal gibt’s die Profivariante: Potjie (südafrikanischer Schmortopf). Das kann dann gut und gerne den ganzen Tag dauern.
Hier noch die Braai-Etiquette in zwei Minuten. Sehenswert!
Fotos/Videos: fuexxe, Ian Barbour, Paul Scott, Panga Productions
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