
Gottseidank gibt es das Internet. Wenn wir uns auf die Post verlassen müssten, wären wir in Südafrika ähnlich weit weg von allem wie auf dem Mond.
Im Mai haben wir Post bekommen. Weihnachtsgrüße unserer Organisation AGEH, inklusive einer CD mit Liedern aus dem Kölner Dom. Gleichzeitig kam das interne Magazin vom vergangenen Oktober an, da konnten wir dann die Stellenanzeigen von 2018 nachlesen (und dazu „Stille Nacht“ singen). Knappe sechs Monate lang waren die Briefe aus Deutschland unterwegs. Und das ist keine Ausnahme. Weniger als acht Wochen ist für Briefe oder Päckchen zwischen Europa und diesem Teil der Welt undenkbar. Manche kommen auch einfach gar nicht an, sie verschwinden im Nirwana des South African Postal Office. Was die staatliche Post in Südafrika treibt, ist wirklich ein schlechter Witz.
Keine Strafzettel, keine Wahlen
Letztes Jahr streikten die Postangestellten ein paar Wochen lang. Mal ganz abgesehen davon, dass in dieser Zeit nicht mal ein Postkasten geleert wurde, waren vor allem die Nachwirkungen verheerend. Liegengebliebene Sendungen bekommen wir bis heute; immer wieder flattert ein Brief herein, der seit mehr als einem Jahr unterwegs ist. Manchmal ist das gar nicht so schlecht, zum Beispiel bei Strafzetteln, die es seit Ewigkeiten nicht mehr zu unserem Briefkasten schaffen – und die wir deshalb leider nicht zahlen können. Ungünstig ist es bei Passwörtern fürs Onlinebanking oder der Wild Card, mit der man alle Nationalparks in Südafrika besuchen kann. Zuletzt war uns das Glück bei der Europawahl 2019 nicht hold. Der Brief, in dem steht, dass wir die Frist verpasst haben und nicht teilnehmen dürfen, ist noch immer unterwegs. Ich hätte nie gedacht, wie wichtig die Digitalisierung von Wahlen ist. Jedenfalls für diejenigen, die außerhalb von Deutschland wohnen.
Briefmarken? Aus!
Meistens aber geht das Ganze zu Lasten unseres Sohnes Lean. Geschenke sollten nicht allzu wertvoll sein, sonst kommen sie garantiert nicht an. Aber auch sonst flattern die heißgeliebten Päckchen von Oma und Opa nur alle paar Monate ins Haus. Selbst etwas loszuschicken gestaltet sich ebenso schwierig. „Die internationalen Briefmarken sind aus“, meinte die Mitarbeiterin beim letzten Besuch der Postfiliale. „Vielleicht nächste Woche?“ Das ist ungefähr, als ob es bei Kentucky Fried Chicken kein Chicken gibt (wobei…haben wir auch schon erlebt!). Jetzt könnte man sagen, die Ära des Briefeschreibens sei sowieso vorbei. Aber ohne Post auch kein Onlinehandel, also kein Amazon, Zalando & Co. Kein Wunder, dass in Südafrika die Dinge ausschließlich per Kurier verschickt werden. Einmal vergaßen wir Leans Lieblingspulli in einer AirBnB-Wohnung. Auf die Bitte, ihn nachzuschicken, reagierte der Vermieter leicht irritiert: „Mit der Post? Also, dann kann ich ihn auch gleich wegschmeißen.“
Die Null-Prozent-Quote
„We deliver, whatever it takes“, lautet der Werbeslogan der Post in Südafrika. So ganz stimmt das laut einem Test der Newsseite MyBroadband leider nicht: Von 25 Briefen erreichte kein Einziger seinen Empfänger! Starke Quote für einen Staatskonzern. Also: Im Zweifelsfall lieber Emails schreiben. Das Internet funktioniert hierzulande nämlich ziemlich gut.
Text & Fotos: fuexxe