Unsere Heimatstadt Eshowe gleicht in diesen Tagen einem Pulverfass. Weil die Korruption ein neues Level erreicht hat, ist die Wut der Bewohner in Gewalt umgeschlagen.
Dort, wo wir normalerweise einkaufen gehen, brennen meterhohe Feuer. Rauchschwaden ziehen durch die Straßen, Steine und Müll liegen auf dem Asphalt, ein Mob von Menschen brüllt Beschimpfungen in Richtung des Bürgermeisters. Polizisten mit Schlagstöcken und Schildern laufen durchs Bild, ein vermummter Angreifer steckt einen Container in Brand. Wütende Menschen haben Barrikaden errichtet, um Autos und Fussgänger am Vorbeikommen zu hindern. Eshowe ist in diesen Tagen zu einem Ort des Aufruhrs geworden. Die Wut der Menschen geht so weit, dass sie die Stadt komplett lahmlegen wollen, um die lokalen Politiker zum Handeln zu zwingen. Es ist der verzweifelte Versuch, sich Gehör zu verschaffen, nachdem Beschwerden und freundliches Nachfragen jahrelang nichts genützt haben.
Folgendes ist passiert: Vor eineinhalb Jahren wurde eine wichtige Verbindungsstraße in einem armen Wohnviertel aufgerissen, um eine neue Fahrbahn zu bauen. Die veranschlagten Kosten lagen bei 24 Mio. Rand (1,75 Mio. Euro). Die Baufirma, die den Auftrag bekam, erhielt elf Millionen Rand (ca. 800.000 Euro) als Vorschuss, aber der Verantwortliche der Firma machte sich mit dem Geld aus dem Staub. Auch die zweite beauftragte Baufirma tauchte nie auf; ob auch hier Geld geflossen ist, weiß niemand. Bis heute ist die Straße kaputt und bei Regen kaum passierbar, und in der letzten Woche lief das Faß über – der berühmte letzte Tropfen, der nötig ist, um Wut in einen Aufstand zu verwandeln. Die Demonstranten, fast alle aus dem Township King Dinizulu, protestieren gegen Korruption in der Lokalpolitik, die sich wie ein Krebsgeschwür ausbreitet. Besonders der Zorn auf den Bürgermeister ist riesig. Der ANC-Mann weilt nicht in Eshowe und weigert sich, mit den Menschen über ihre Probleme und Forderungen zu sprechen: Braunes Wasser, Stromausfälle, kaputte Straßen, zerstörte Gebäude, Auswüchse von Kriminalität und öffentliche Dienstleistungen, die ihren Namen nicht verdienen.
Die Bilder sind der vorläufige Höhepunkt einer gefährlichen Entwicklung in KwaZulu-Natal. Brennende Fabriken, Straßensperren auf der Autobahn, abgefackelte Universitäten – überall dort, wo öffentliche Gelder verschwendet oder veruntreut werden, bahnt sich die Wut der Menschen ihren Weg. In Ballito, einem Vorort von Durban, fanden zeitgleich zu Eshowe gewalttätige Proteste gegen die Eröffnung einer Shopping Mall statt – Anwohner forderten von den Betreibern Jobs für Jugendliche aus der Umgebung. Noch findet all das unter Ausschluss der Weltöffentlichkeit statt; in die internationalen Nachrichten schaffen es die Proteste kaum. Dabei sind sie ein direktes Ergebnis der Politik des regierenden ANC: Volksvertreter haben Staat und Behörden zu Selbstbedienungsläden umfunktioniert. Die Korruption blüht, auf höchster Ebene genauso wie in lokalen Gemeinden.
Die Proteste in Eshowe sollen noch die ganze Woche weitergehen. Gestern blieb es relativ ruhig, aber im Internet und auf Whatsapp brodelt die Gerüchteküche, während Schulen, Banken, Supermärkte und Läden geschlossen bleiben. Die Straßen gleichen einem Schlachtfeld, und die Polizei geht mit zunehmender Härte gegen Demonstranten vor. Bisher wurde niemand ernsthaft verletzt, aber trotzdem ist die Situation in kürzester Zeit ziemlich unangenehm geworden. So verständlich die Wut der Leute ist, so wenig möchte man zufällig in die Mitte eines wütenden Mobs geraten. Es bleibt dabei: Eshowe und das Zululand gleichen in diesen Tagen einem Pulverfass, und ein Funke genügt, um es zur Explosion zu bringen.
Text & Fotos: fuexxe/Facebook