Nach dem Tod eines jungen Mannes kocht in Eshowe wieder einmal der Hass zwischen Schwarz und Weiß über. Ein wütender Mob hat dabei eine Farm komplett zerstört.
Die Fakten sind schnell erzählt. Anfang dieser Woche angelten zwei junge, schwarze Männer an einem See, der auf dem Privatgebiet einer Farm bei Eshowe liegt. Dabei wurden sie von Sicherheitsleuten erwischt. Die Situation eskalierte, einer der Männer wurde in der Hitze des Gefechts erschossen, der zweite flüchtete. Der Schütze saß schon kurze Zeit später im Gefängnis, aber die Geschichte wurde größer und größer: Wie ein Lauffeuer verbreitete sich das Gerücht, der weiße Farmer selbst habe geschossen und das Opfer sei ein elfjähriger Junge gewesen. Daraufhin kochte die Wut in der Community über: Ein wütender Mob von rund 300 Menschen brannte die Farm nieder, auf der sich alles abgespielt hatte, samt Wohnhäusern und Equipment im Wert von Millionen Rand. Später zündeten sie mehrere Zuckerrohrfelder an, auch von benachbarten Farmen in der Gegend. Straßen wurden blockiert, Reifen und Bäume abgefackelt, Strommasten gingen in Flammen auf. Aus der Ursprungsgeschichte wurde – wie fast immer in diesem Land – ein „racial issue“: Schwarz gegen Weiß und umgekehrt.
Der Haupteigentümer der Farm ist tatsächlich weiß, aber momentan im Ausland unterwegs. Mitbesitzer ist ein Schwarzer, auch der Schütze und das Opfer sind schwarz. Doch für Fakten ist es zu spät, denn die Wut hat längst die Oberhand gewonnen. Interessant ist der Zeitpunkt der Vorfälle: Die höchsten Politiker des Landes haben in den letzten Wochen kräftig Öl ins Feuer des Konflikts zwischen Schwarz und Weiß gegossen. Der neue südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa und seine Regierungspartei ANC haben im Parlament einem Antrag zur Enteignung weißer Farmer ohne Entschädigung zugestimmt. Noch immer besitzen Weiße 72 Prozent des Farmlandes in Südafrika, nur vier Prozent sind in schwarzer Hand – eine totale Umkehrung der Mehrheitsverhältnisse im Land und einer der größten gesellschaftlichen und politischen Streitpunkte in Südafrika. Indem er der Enteignung zustimmte, wollte Ramaphosa, der als Freund der Weißen gilt, sein Image aufpolieren und Punkte bei der armen Landbevölkerung sammeln. Noch in dieser Woche kündigte er an, die Umverteilung des Farmlands zügig umzusetzen und fachte damit den Streit weiter an. Radikalere Politiker riefen zur Landbesetzung auf, um die Weißen endgültig zu vertreiben. Sogar ein australischer Minister ging vor die Presse und verkündete, dass weiße Farmer aus Südafrika „Notfall-Visa“ in Australien bekommen könnten, um schnell in ein „zivilisiertes Land“ flüchten zu können.
In diesem aufgeheizten Klima braucht es nur einen Funken, um ein Feuer zu entfachen – und die Geschichte des erschossenen Fischers in Eshowe hat diesen Funken geliefert. Zwei Tage lang brannte es direkt neben unserer Heimatstadt lichterloh, inzwischen haben Polizei und Regenwetter die Lage wieder normalisiert. Wenn man sich allerdings die Kommentare zu Bildern der Aufstände auf Facebook durchliest, spürt man, wie groß der Hass auf beiden Seiten ist. Der Traum einer Regenbogennation scheint in solchen Momenten weiter weg denn je. Das Traurige ist: Es entsteht der Eindruck, als ob Rassenhass in diesem Land ein normaler Zustand ist, als ob sich in den 25 Jahren seit dem Ende der Apartheid nichts verändert hätte. Wir erleben aber auch die andere Seite: Seit drei Jahren leben wir hier, arbeiten mitten in einer komplett schwarzen Umgebung auf dem Land – und fühlen uns verhältnismäßig sicher. Wir hatten noch kein einziges Mal Probleme wegen unserer Hautfarbe. Man könnte fragen: Wie könnt ihr an einem Ort leben, an dem Gewalt so alltäglich ist? Unsere Antwort würde lauten: Weil es immer mehrere Seiten einer Geschichte gibt. 99 Prozent der Menschen, mit denen wir in Südafrika zu tun haben, wollen friedlich zusammenleben – und wir sind eine Brücke zwischen schwarzer und weißer Bevölkerung, die in diesem Land nur selten auf einer Ebene miteinander reden. Auch das ist ein Stück Entwicklungshilfe.
Text: fuexxe, Fotos: fuexxe, Facebook, GovernmentZA
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