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Sag mir Deinen Namen und ich sage Dir, wer Du bist! Wenn man im Zululand anfängt, die Bedeutungen von Vornamen zu erfragen, lernt man Erstaunliches. 

Anton, Kunigunde, Franz oder Zoe: Namen sind Geschmackssache! Als Europäer trägt man seinen Namen, weil die Eltern ihn schön fanden. Manchmal steckt auch eine tiefere Bedeutung dahinter, die aber im Alltag meist verborgen bleibt. Letztlich sind Namen lebenslange Gebrauchsgegenstände, auf die man selbst keinen Einfluss hat. Paare, die ein Kind erwarten, recherchieren monatelang im Internet und in Büchern, um den Richtigen zu finden. Manche bevorzugen Klassiker wie Paul oder Anna, andere wollen mit Kevin-Prince oder Savannah-Rae eigene Duftnoten setzen. Am Ende des Tages bleibt ein Name aber immer bloß ein Name. Es sei denn, man ist ein echter Zulu.

„Es ist genug!“

Im Zululand ist alles ganz anders. Namen erzählen eine Geschichte über die oder den, der ihn trägt – und den Zeitpunkt, an dem er oder sie diesen Namen bekommen hat. Eigentlich passt das ganz gut zur Kultur: Es zählt nicht das Gestern und Morgen, sondern einzig und alleine die Gegenwart. Zum ersten Mal kamen wir mit der Bedeutung von Namen in Berührung, als die Sozialarbeiterin in St. Joseph uns ihre Geschichte erzählte. Als sechstes Mädchen sorgte sie bei den Eltern nicht gerade für Begeisterung. Deshalb gaben sie ihr den Namen Zanele, gleichbedeutend mit „Es ist genug!„. Namen dieser Art gibt es noch einige mehr: Ntombifuthi zum Beispiel bedeutet „Schon wieder ein Mädchen„, Ntombizodwa heißt „Bloß Mädchen„. Manchmal glaubt man den seufzenden Vater neben dem Kinderbett zu hören, der sein x-tes Kind ansieht und sagt: Wandile! Das bedeutet „Du zählst extra„. Oder Mfanafuthi, was übersetzt heißt: „Noch ein Junge!„.

Natürlich hat es mit der Poesie der Sprache isiZulu zu tun, dass Namen nicht nur Namen sind, sondern eine Story in sich tragen. Oft ist es aber auch unfreiwillig lustig. Die Nanny unseres Sohnes heißt Zibuyile („Die Mitgift (Kühe) kehrt zurück„), ihre Cousine Khalelani („Warum heulst Du?„). Erzeugt durchaus auch ein Bild im Kopf. Bhekisisa („Sei vorsichtig„), Mayekeza („Schluchzen„) und Vukani („Wach auf!„) deuten hingegen darauf hin, dass die frischgebackenen Eltern etwas irritiert waren. Phindile („Ich habe es wieder getan„) klingt wie ein Vorwurf an sich selbst, während Zenzele („Mach’s doch selbst„) die Antwort eines beleidigten Vaters sein könnte, den die Mutter darum gebeten hat, sein Kind zu wickeln.

Man nannte sie Ratte

Natürlich geht es auch positiv. Siyanda („Wir wachsen“) oder Mpendulo („Eine Antwort“) klingen wie Erfolgsgeschichten, genau wie Ziphozonke („Alle Geschenke“). Spannend sind aber auch die Namen, die anderen Menschen gegeben werden. Auch hier gehören Geschichten dazu: Ein Mitglied des Aufsichtsrats im Kinderheim heißt Smirnoff, weil die gleichnamige Wodka-Marke bei seiner Geburt populär war. Eine Bekannte wird igundane genannt, Ratte. Das hat mit ihrer Art der Fortbewegung zu tun: Tatsächlich erinnert ihr Laufschritt aus der Ferne an einen Nager. Eine ältere Schwester heißt izinyo, weil sie einen Goldzahn hat. Julia wurde in Mbongolwane zu Beginn ntombikona genannt: Die Frau, die da ist! Das passt, weil zu Beginn unserer Zeit im Kinderheim keine der Angestellten wusste, warum plötzlich eine weiße Frau aus Deutschland bei ihnen arbeitet. Inzwischen hat sich das geändert. Julia trägt einen zweiten, recht schmeichelhaften Namen: pumelelo, was soviel heißt wie Erfolg.

Text & Fotos: fuexxe

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