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Seit eineinhalb Wochen arbeitet Julia im Kinderheim St. Joseph in Mbongolwane, Südafrika. Die tägliche Reise dorthin ist ein Trip in eine andere Welt. Eine Dreiviertelstunde durch Zuckerrohrfelder und die grüne Hügellandschaft von KwaZulu-Natal. Manchmal queren Affen, Esel oder ein lahmer Stier die staubigen Straßen. Fast alle Menschen sind zu Fuß unterwegs, meist Frauen, die Eimer oder Körbe auf dem Kopf tragen. Wasser ist ein wertvolles Gut, überall riecht es nach Heu, die extreme Trockenheit zehrt das Land aus. Weit verstreut sieht man Kraals, die typischen Siedlungen der Zulu-Familienclans. Mlungus, also Weiße, gibt es so gut wie keine – außer einem Farmer auf einem frisierten Motorbike, der gerne mal die Schallmauer durchbricht.

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Auf der Buckelpiste

heim

St. Joseph, Mbongolwane

Das Kinderheim wurde kürzlich renoviert, die neuen Räumlichkeiten sind aber vor allem funktional. Drinnen fehlt es an Vielem. Möbel sind kaputt, die Betten der Kinder stammen aus dem vorigen Jahrhundert. Waschmaschinen funktionieren nicht, es wird stundenlang mit der Hand gewaschen. Billiges Plastikspielzeug liegt unbenutzt in der Ecke. Es fehlen Dinge zum Wohlfühlen. Alle Mitarbeiter bemühen sich, aber statt Wärme und Liebe stehen Sauberkeit und Disziplin im Vordergrund. Der erste Eindruck: Zumindest an dieser Stelle kann man mit wenig Geld einiges bewegen, sich mit den Kindern beschäftigen, ein paar Bilder malen und aufhängen, die Wände mit Farbe verschönern. Erst einmal werden es vor allem kleine Dinge sein. Dazu kommt: Beobachten, aufsaugen, mitleben. Die Sprache lernen. Die Kinder, Mitarbeiter und ihre Lebensgeschichten verstehen.

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Servus Jesu!

Viele der ca. 20 Kinder haben schlimme Erfahrungen hinter sich, ein paar sind seit Geburt HIV-positiv. Häusliche Gewalt ist ein riesiges Thema, auch bei den Kleinsten. Trotzdem wird viel gelacht, getanzt und gesungen. Die Kinder scharen sich um Julia, jeder will ein Stück von ihr für sich haben. Und weil ihr Name den Kindern schwer über die Lippen geht, wird sie gerne mal Jesu genannt – der ist hier ja allgegenwärtig. Inmitten der Kinder geht es Julia gut, auch wenn erstmal Zungenbrecher-Namen wie Ikxe, Nonsihle und Boyabonga gelernt werden müssen. Die Schwestern haben die neue Mlungu freundlich in ihre Mitte aufgenommen, die Zulu-Köchin bringt ihr schon mal jeden Tag ein neues Wort bei. Und bald wird auch Daniel mitkommen – sobald der Alltag in Eshowe einigermaßen organisiert ist. Männer sind in einem katholischen Nonnenorden bekanntlich Mangelware.

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Woza, Mlungu! Dlala! (Komm, Weiße! Spiel mit uns!)

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